11. Etappe: Donaudelta, Rumänien

Von Deutschland aus fließt die Donau einmal quer durch Mittel- und Osteuropa und mündet im Drei-Ländereck Rumänien-Ukraine-Moldau ins Schwarze Meer. Das Gebiet ist das zweitgrößte Delta Europas mit einem einzigartigen Netzwerk aus über 30 Ökosystemen. Hier kann man das größte Schilfgebiet der Welt und zahlreiche Vogelarten entdecken – darunter den Rosa-Pelikan. Der schwerste flugfähige Vogel ist nirgendwo sonst in Europa heimisch.

Ein Naturparadies, das sich bereits kurz vor seiner Zerstörung befand – und auch heute noch akut bedroht ist. So wurden ab den 1960er Jahren im kommunistischen Rumänien weite Teile des Deltas trockengelegt. Unter anderem weil Elena Ceaușescu, die Frau des ehemaligen Diktators, hier Reis anbauen wollte – was aber nicht funktionierte. Die künstlich veränderte Landschaft und mit ihr die Tiere und Pflanzen starben dennoch.

Erst der Sturz des Regimes in Rumänien und der Zerfall des Staatssozialismus in Mittel- und Osteuropa retteten das Naturparadies vor der weitgehenden Zerstörung. Heute ist das Donaudelta das größte grenzüberschreitende Schutzgebiet in Europa, an dem Rumänien, Bulgarien, die Republik Moldau und die Ukraine beteiligt sind. In der ehemaligen Ferienvilla von Nicolae Ceaușescus arbeiten heute Wissenschaftler:innen aus ganz Europa, die hier zur Erhaltung des Naturparadieses forschen.

Die Arbeitslosenquote liegt in der Region zwischen 30 und 40 Prozent. Verbunden mit dem Problem der Wilderei, die das ökologische Gleichgewicht akut gefährdet – wie der Elektrofischerei und den illegalen Export von Wildpferden –, wird die Notwendigkeit eines sozial-ökologischen Wandels deutlich. Nur wenn soziale Missstände behoben werden, kann auch das ökologische Gleichgewicht sichergestellt werden.

Eine weitere Bedrohung für das Delta stellt der Tourismus dar. Immer mehr Anbieter fahren mit Speedbooten über die empfindlichen Wasserwege und bringen Menschen auch zu kleinen Siedlungen, in denen immer neue Pensionen und Bars gebaut werden. In einer davon – Milan 23, einem Dorf mit rund 200 Einwohnern der russischen Minderheit – reden wir mit Ionel. In den 1980er Jahren war er Kapitän auf einem großen Handelsschiff mit mehr als 100 Mann Besatzung. Nach dem Zerfall des Systems wurde er arbeitslos. Ende der 1990er gründete Ionel sein eigenes Familienunternehmen, mit dem er Touristen ins Delta bringt und ihnen Flora wie Fauna näher bringt. Das Geschäft läuft gut. Heute ist er ein erfolgreicher Unternehmer und Gewinner der Transformation. Dem Ökosystem im Donaudelta hingegen wird der wachsende Erfolg seiner Branche immer mehr Schaden zufügen.

Text & Fotos: Christian Faludi