25. Etappe: Deutsche Botschaft Prag, Tschechien

1989 bekam der Eiserne Vorhang immer mehr Löcher, und die Menschen wurden immer wagemutiger. Die Botschaften der Bundesrepublik Deutschland in Prag, Warschau, Budapest oder auch Ost-Berlin wurden in den 80er Jahren zu einem Ort für viele Flüchtende. Hier hofften die Menschen – immer wieder erfolgreich – auf die Möglichkeit der Ausreise in die BRD. Im August 1989 strömten etliche Menschen auf das Gelände der Botschaft in Prag, die schnell an ihre Kapazitätsgrenzen gelangte. In der Spitze campierten hier im Herbst rund 4.000 Männer, Frauen und Kinder auf der Wiese vor dem Gebäude unter teils katastrophalen Bedingungen. In den Straßen um die Botschaft parkten unzählige verlassene Fahrzeuge mit ostdeutschen Kennzeichen. 

Die erfolgreichen Verhandlungen über die Ausreise der Flüchtenden führte Hans-Dietrich Genscher – der erst kurz zuvor genesen aus dem Krankenhaus entlassen worden war – mit Eduard Schewardnadse, Oskar Fischer und Jaromír Johanes am Rande der UN-Vollversammlung in New York. Am 30. September landete er in Prag, verwehrte den Journalisten jede Auskunft und sprach die berühmten, im Jubel der Menschen untergehenden Worte, vom Balkon aus direkt zu den Geflüchteten.  

Während die Menschen in abgeriegelten Zügen und unter dem Schutz westdeutscher Diplomaten über Dresden und Karl-Marx-Stadt nach Hof ausreisen durften, flohen erneut Tausende DDR-Bürger:innen auf das Gelände der Botschaft. Auch sie konnten ausreisen. Am 3. November um 21 Uhr öffnete Tschechien seine Grenzen vollständig. Der Eiserne Vorhang öffnete sich. 

Die Bilder vor der Ausreise sind noch heute aktuell

Wir werden in der Deutschen Botschaft in Prag von Martin Sielmann, dem Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, empfangen. Er führt uns durch das Gelände und erzählt, was hier im Sommer 1989 geschehen ist. Er selbst war bereits damals beim Auswärtigen Amt beschäftigt – zu der Zeit in Bonn – und hat den Zusammenbruch des Staatssozialismus als Diplomat miterlebt.  

Uns erinnern die Bilder der campierenden Geflüchteten im Park der Botschaft an unsere vorherigen Stationen, etwa in Sopron, aber auch am Grenzzaun an der slowenischen Grenze und auch an aktuelle Bilder aus Flüchtlingscamps. Immer mehr Menschen auf der ganzen Welt flüchten vor Armut, Unterdrückung und Verfolgung. In einem Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation in Jena könnte sich über Flucht und Migration – damals wie heute – ausgetauscht und gemeinsame Erfahrungen geteilt werden. 

Text: Tobias Schwessinger 

Fotos: Christian Faludi