23. Etappe: Paneuropäisches Picknick, Ungarn/Österreich 

Bereits Monate bevor die Grenzen am 9. November in Berlin geöffnet wurden, durchbrachen DDR-Bürger anlässlich des Paneuropäischen Picknicks am 19. August ein Grenztor an der ungarisch-österreichischen Grenze nahe Sopron. Ihnen folgten mehrere Wellen Flüchtender. Insgesamt wagten an diesem Tag bis zu 700 DDR-Bürger:innen den Grenzübertritt. 

Das Paneuropäische Picknick war Teil der Prozesskette, die im Jahr 1989 zum Fall der Berliner Mauer führte. Auch wenn seine tatsächliche Relevanz oft überschätzt wird, die politischen Ereignisse in Ungarn in den Jahren vor 1989 sind für den Fall des Eisernen Vorhangs und damit auch für den Transformationsprozess in Ostdeutschland ein zentraler Bestandteil.  

Ungarn war weitaus liberaler als etwa die DDR oder ČSSR. An den Stränden des Balaton trafen sich west- und ostdeutsche Urlauber. 1988 teilte das Land den sogenannten Weltpass an seine Bürger:innen aus, mit dem diese international frei reisen konnte. 1989 trat Ungarn als erstes Land des Warschauer Pakts der Genfer Flüchtlingskonvention bei. Bereits Monate vor dem Paneuropäischen Picknick begann Ungarn den Grenzzaun nach Österreich abzubauen. Die Instandsetzung war der Regierung schlichtweg zu teuer. 

Derweil gründeten sich Demokratische Foren. In ihnen entstand die Idee eines Paneuropäischen Picknicks, einer symbolischen Öffnung der Grenze. Mit dieser wollten die Oppositionellen testen, wie weit sie gehen könnten, bevor die sowjetische Armee einschreiten würde. Schließlich stand trotz aller Entwicklungen die Befürchtung im Raum, dass sich die Ereignisse von 1956 wiederholen könnten.  

Flugzettel wurden verteilt, auch an DDR-Urlauber am Balaton. Etliche verstanden die Botschaft und machten sich auf dem Weg nach Sopron. Den Durchbruch wagte hingegen nur ein Bruchteil. Schließlich war die Gefahr längst nicht gebannt. Am 20. August 1989 wurde der Weimarer Architekt Kurt-Werner Schulz beim Versuch des Grenzübertritts nahe Sopron erschossen. Er war das letzte Todesopfer des Kalten Krieges.  

An der Ungarisch-Österreichischen Grenze treffen wir Wolfgang Bachkönig. Er war 1989 Polizist der Republik Österreich und hat die Ereignisse miterlebt. Am Ort des Geschehens berichtet er, wie Ungarn und Österreicher damals gemeinsam geholfen haben. Diese Solidarität und Verbundenheit ist es, auf die eine Europäische Transformation – und ein Zukunftszentrum in Jena – aufbauen müssen.  

Text: Tobias Schwessinger & Christian Faludi 

Fotos: Christian Faludi