10. Etappe: Kloster Saon, Rumänien

Von Comrat führt unser Weg weiter durch das ehemalige Bessarabien in Richtung Süden bis zum Grenzübergang bei Galați, wo wir mit der Fähre über die Donau setzen. Unweit des Ortes mündet der Strom nach seinem Lauf durch weite Teile Ost-/Mitteleuropas in einem gigantischen Delta ins Schwarze Meer. Das ist unser nächstes Ziel. 

Auf dem Weg dorthin machen wir einen Stopp am Kloster Saon, um herauszufinden, ob es noch möglich ist, sich bei den Nonnen zum Mittagessen einzuladen. An der Kirche treffe ich Schwester Julia, die erklärt, dass es so etwas früher einmal gab. Wenn ich aber möchte, kann ich gern am nächsten Tag wiederkommen. Pünktlich um 12 Uhr treffen wir uns wieder am Tor, und Julia nimmt mich mit in die Küche, wo mir die dort arbeitenden Nonnen und der Priester vorgestellt werden. Vor dem Essen habe ich die Gelegenheit, im Garten mit Schwester Justina zu sprechen. Hier entwickelt sich ein Gespräch „über Gott und die Welt“, das auch sehr persönlich wird. Justina erzählt von ihrer persönlichen Transformation – ihrer „neuen Geburt“ –, bei der sie exakt vor 23 Jahren und einem Tag im Alter von nur 17 Jahren ins Kloster gegangen ist, ihren Anfängen wie auch Schwierigkeiten im Leben als Nonne und ihren Weg zum „inneren Frieden“. Daneben berichtet sie auch viel über die Geschichte und die jüngere Transformation des Ortes, der bei ihrer Ankunft 1999 noch nahezu eine Ruine ohne Strom war. Wasser musste sie damals aus dem Fluss holen. Die Menschen aus den umliegenden Orten kamen seinerzeit noch mit Pferden auf unbefestigten Wegen zum Besuch beim Priester. Innerhalb von nur zwei Jahrzehnten haben die Nonnen hieraus ein strahlendes Idyll mit zwei wunderschönen Kirchen, Landwirtschaft wie Weinanbau und Tierzucht geschaffen. Die Versorgung funktioniert fast autonom. Für den restlichen Bedarf verkaufen sie selbst gemachten Honig, Wein oder christlichen Schmuck an Besucher, die nun über eine asphaltierte Straße hierhin kommen. Der Erlös reicht, und er gibt sogar die Möglichkeit, mehr zu tun. So nahmen die Nonnen vor drei Monaten Geflüchtete aus der Ukraine bei sich auf. Auf die Frage, was sich Justina für die Zukunft wünscht, erklärt sie, dass sie darüber nicht nachdenkt. Und weiter: Die Gemeinschaft im Kloster lebt im Hier und Jetzt. Die Zukunft liegt in „Gottes Hand“, und das Vertrauen in ihn gibt Justina den inneren Frieden, der es möglich macht, mit allen anderen Menschen in Harmonie zu leben. Als Botschaft solle ich mitnehmen, dass jeder diesen Frieden finden kann – nicht nur im Kloster.

Nach dem gemeinsamen Mittagessen verabschieden mich die Nonnen herzlich und ich fahre dankbar für die schöne Erfahrung in dieser abgeschiedenen Welt und die tiefen Einblicke in das Leben dort nach Tulcea, wo schon das Boot für die Fahrt ins Delta wartet.

Text & Foto: Christian Faludi